Zudem soll die Regelung im Sinne der Generationen- und Verteilungsgerechtigkeit wirken: Freiwillige Weiterarbeit älterer Beschäftigter soll langfristig die Sozial- und Rentensysteme entlasten. So sollen sowohl der Wirtschaftsstandort Deutschland als auch der gesamtgesellschaftliche Wohlstand gefestigt werden.
Wir als Bundesverband der Personalmanager*innen (BPM) begrüßen grundsätzlich die politische Zielsetzung, angesichts des demographischen Wandels Anreize für eine freiwillige Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus zu schaffen. Der Gedanke, das Erfahrungswissen älterer Beschäftigter länger in den Betrieben zu halten und damit personelle Engpässe abzumildern, ist aus personalwirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar und wichtig. Dennoch zeigt der vorliegende Entwurf aus unserer Sicht einige wesentliche Begrenzungen und offene Fragen auf, die im Folgenden näher erläutert werden.
Einseitiger Fokus auf Steuerrecht – ohne arbeitsrechtliche Umsetzungskraft
Der Entwurf beschränkt sich ausschließlich auf einkommensteuerliche Anreize und verfehlt damit eine wirksame Gesamtlösung. Aspekte wie Sozialabgaben oder Befristungsregelungen bleiben unberücksichtigt. Zwar sind die verbleibenden Sozialversicherungsbeiträge marginal, eine klare Entlastung – insbesondere für Arbeitgeber*innen – wäre jedoch sinnvoll gewesen.
Vor allem aber fehlt eine arbeitsrechtliche Flankierung: Ohne zusätzliche Befristungsmöglichkeiten wird die Regelung faktisch leerlaufen. Arbeitgeber müssten sonst, um einen Beschäftigten drei Jahre nach 67 weiterzuarbeiten zu lassen, sämtliche Krankheitsrisiken und spätere Leistungseinbußen bis zum Lebensende tragen – ohne Möglichkeit einer sachgerechten Beendigung. Auch bei Auftragsschwankungen droht eine Schieflage: Bei betriebsbedingten Kündigungen müssten im Rahmen der Sozialauswahl tendenziell jüngere Kolleginnen und Kollegen den Betrieb verlassen. Diese Risiken werden Arbeitgeber*innen kaum eingehen.
Begrenzter Effekt auf Fachkräftesicherung
Grundsätzlich soll die Aktivrente dazu beitragen, personelle Engpässe abzumildern. Ob dies in der Praxis tatsächlich geschieht, ist jedoch fraglich. Die Regelung gilt ausschließlich für Personen, die die gesetzliche Regelaltersgrenze bereits überschritten haben – also für eine Gruppe, die statistisch gesehen ohnehin häufig früher in Rente geht (vgl. Demografieportal, Renteneintrittsalter). Damit dürfte auch die erwünschte Entlastung der Rentenkassen eher gering ausfallen.
Unterschätzter Erfüllungsaufwand
Der administrative Aufwand wird im Entwurf deutlich unterschätzt. Lohnabrechnungssysteme müssen angepasst, neue Prozesse erläutert und bestehende Regelungen – etwa zur betrieblichen Altersvorsorge, Altersteilzeit, Vorruhestand oder Zeitwertkonten – überprüft werden. Auch wenn formale Mitbestimmungsrechte gering bleiben, werden Betriebsparteien zusätzliche Policies und Verfahren abstimmen müssen, um Transparenz und Fairness sicherzustellen.
Fazit und Ausblick
Das Ziel der Aktivrente ist richtig und unterstützenswert. Ohne arbeitsrechtliche Ergänzungen – insbesondere eine Befristungsmöglichkeit über die Regelaltersgrenze hinaus – wird die Regelung jedoch kaum Wirkung entfalten. Wünschenswert wären zudem klare Entlastungen bei den Sozialabgaben, um auch für Arbeitgeber*innen echte Anreize zu schaffen. Der Erfüllungsaufwand ist außerdem erheblich und sollte daher auch realistisch berücksichtigt werden.



