Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD

Wichtige Änderungen für Personaler*innen im Detail

Arbeitsrecht 

Die Bundesregierung plant, im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit zu schaffen, um mehr Flexibilität und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Gleiches gilt für die unbürokratische Regelung der Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten und die Einführung angemessener Übergangsregeln für kleine und mittlere Unternehmen. Abzuwarten bleibt dabei aber natürlich die tatsächliche Ausgestaltung.  

Arbeitsschutzstandards und Ruhezeiten sollen gewahrt bleiben, und kein Beschäftigter darf gegen seinen Willen zu Mehrarbeit verpflichtet werden. Aus Sicht des BPM ist dieser Kurs grundsätzlich zu begrüßen. Die geplanten Maßnahmen eröffnen mehr Gestaltungsspielräume für moderne, flexible Arbeitszeitmodelle und stärken die Eigenverantwortung von Beschäftigten. Besonders positiv bewerten wir die rechtliche Absicherung der Vertrauensarbeitszeit sowie das Bekenntnis zu einem unbürokratischen und praxistauglichen Vorgehen bei der Zeiterfassung. 

Die steuerliche Begünstigung von Prämien zur Ausweitung der Arbeitszeit und die Schaffung eines neuen steuerlichen Anreizes zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten könnten dazu beitragen, die Arbeitszeitflexibilität zu erhöhen und den Fachkräftemangel zu lindern. 

Den Einzug digitaler Versammlungsformate in die BR-Arbeit und BR-Wahl, begrüßen wir ausdrücklich. Gewerkschaftsmitgliedschaften hingegen steuerlich zu begünstigen, erscheint uns im Lichte positiver und negativer Koalitionsfreiheit zweifelhaft. 

Arbeits- und Fachkräftesicherung 

Ein zentraler Schwerpunkt des Koalitionsvertrags liegt auf der Gewinnung und Integration ausländischer Fachkräfte – ein richtiger Schritt angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels. Besonders die geplante „Work-and-stay-Agentur“ zur Bündelung und Beschleunigung der Erwerbsmigrationsprozesse ist aus Sicht des BPM vielversprechend. Voraussetzung ist jedoch, dass die Plattform tatsächlich nutzerfreundlich und effizient gestaltet wird. Wir hoffen, dass dieses Vorhaben Wirkung zeigt, da ähnliche Initiativen in der Vergangenheit oft an der Praxis gescheitert sind. 

Positiv ist auch die Einführung einheitlicher Anerkennungsverfahren mit einer Zielmarke von acht Wochen, was die langwierigen Prozesse entschlacken könnte. Die geplante Unterstützung durch die ZAB und die Bundesagentur für Arbeit ist ein richtiger Schritt, doch entscheidend wird sein, wie schnell diese Maßnahmen in den Betrieben ankommen und wie Arbeitgeber aktiv eingebunden werden. 

Ebenso wird die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen zur Fachkräftesicherung gefordert. Der BPM unterstützt die Zielsetzung der Bundesregierung, gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit zwischen Frauen und Männern bis 2030 zu erreichen. Insbesondere die zügige Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie ist ein richtiger Schritt. Jedoch ist es entscheidend, dass diese Maßnahme nicht zu bürokratischen Hürden führt und nur die Minimalvorgaben der Richtlinie umgesetzt werden, um eine zusätzliche Belastung für Unternehmen und Beschäftigte zu vermeiden.  

Gleichzeitig muss beim Thema Care-Arbeit deutlich mehr passieren, als nur die faire Verteilung unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern zu fordern. Es braucht substanzielle strukturelle Veränderungen in den Bereichen Kinderbetreuung, Pflege und allgemein der Arbeitsmarktintegration von Pflegekräften. Diese Veränderungen sind nicht nur eine Frage der Gleichstellung, sondern auch der Zukunftsfähigkeit unserer Arbeitswelt. Hier müssen nicht nur rechtliche, sondern auch praktische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen und Männern gleichermaßen ermöglichen, Beruf und Care-Arbeit gut miteinander zu vereinbaren. Hier liefert der Koalitionsvertrag keine konkreten Maßnahmen. 

Beschäftigung von Rentner*innen  

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der abschlagsfreie Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren auch künftig möglich bleibt. Gleichzeitig soll durch zusätzliche finanzielle Anreize erreicht werden, dass sich freiwilliges längeres Arbeiten stärker lohnt. Anstelle einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters setzen die Koalitionsparteien auf mehr Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand – und das ausdrücklich auf freiwilliger Basis. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht hat und sich entscheidet, weiterzuarbeiten, kann künftig bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei verdienen. Die sogenannte „Aktivrente“ soll das Arbeiten im Alter zusätzlich attraktiver machen – etwa durch steuerliche Vorteile und die Stärkung freiwilliger Arbeitsmodelle. Darüber hinaus sieht der Vertrag Verbesserungen bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten vor: sowohl bei der Hinterbliebenenrente als auch für Rentnerinnen und Rentner in der Grundsicherung im Alter sollen künftig großzügigere Regelungen gelten.  

Aus Sicht des BPM sind diese Maßnahmen grundsätzlich zu begrüßen. Sie eröffnen Personalverantwortlichen mehr Spielraum, den Übergang in den Ruhestand individuell und flexibel zu gestalten. Insbesondere die Möglichkeit, Rentnerinnen und Rentner befristet weiter zu beschäftigen, stärkt die Handlungsmöglichkeiten von HR-Abteilungen im Umgang mit dem demografischen Wandel. Zugleich fördern steuerliche Anreize die Motivation älterer Beschäftigter, freiwillig im Berufsleben zu bleiben – ein Aspekt, der auch im Hinblick auf den zunehmenden Fachkräftemangel von zentraler Bedeutung ist. 

Kritisch zu bewerten ist allerdings, dass keine umfassende Reform des Rentensystems angedacht ist. Mit Blick auf eine langfristige Finanzierbarkeit und auch auf die Generationengerechtigkeit muss die gesetzliche Rente auf ein neues Fundament gehoben werden.

Arbeitsmarktpolitik und neue Grundsicherung für Arbeitssuchende 

Die Umgestaltung des Bürgergeldsystems zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende, bei der Rechte und Pflichten für beide Seiten verbindlich geregelt werden, ist ein weiteres Vorhaben. Die Stärkung der Vermittlung in Arbeit und die Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter sind entscheidend, um arbeitslose Personen schnellstmöglich in Arbeit zu vermitteln. Die geplanten Maßnahmen zur Qualifizierung und Gesundheitsförderung könnten dazu beitragen, Vermittlungshemmnisse zu überwinden und eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. 

Fazit 

Insgesamt gehen die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Sicherung der Fachkräftebasis, zur zielgenaueren Ausrichtung sozialer Leistungen und zur Flexibilisierung der Arbeitszeit aus Sicht des BPM in die richtige Richtung. Sie könnten dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu lindern, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als auch die Anforderungen der Unternehmen besser zu adressieren und die Effizienz und Wirksamkeit sozialstaatlicher Leistungen zu erhöhen.

Die geplanten Reformen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und des Arbeitsrechts könnten ebenfalls dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken und die Attraktivität des Arbeitsmarktes zu erhöhen. Inklusion bleibt im Gegensatz zu anderen Teilen der westlichen Welt auf der Agenda, das begrüßen wir ausdrücklich. Demgegenüber sind steuerlich geförderte Gewerkschaftsbeitritte und weitere staatliche Eingriffe in die Koalitionsfreiheit (Tariftreuegesetz und Vorgaben zum Mindestlohn) abzulehnen. 

Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation plädieren wir als BPM dafür, dass die geplanten Änderungen nun zügig angegangen und keine zusätzlichen bürokratischen Hürden aufgestellt werden.