Was Personalabteilungen jetzt beim Arbeitszeitgesetz beachten müssen
Der Beschluss des Bundesarbeitsgericht (BAG) hat für einige Aufregung in Personalabteilungen geführt, denn es ist nicht klar, wie es nun weitergehen soll. Die Fachgruppe Arbeitsrecht des Bundesverbands der Personalmanager*innen hat Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen gesammelt.
Wer muss jetzt was tun?
Das Gericht sieht eine Rechtspflicht zur Einführung einer Arbeitszeiterfassung bereits jetzt. Das ist aber nicht völlig neu, da der EuGH bereits 2019 die Arbeitgeber zur Erfassung der Arbeitszeit angehalten und dies aus europäischem Recht und internationalen Verträgen abgeleitet hat. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in der Zwischenzeit präzisiert, dass diese Obliegenheit nicht die Vergütungsseite, sondern den Arbeitsschutz betreffe. Daher gibt es keinen Grund zu Hektik, zunächst sollte der Wortlaut der Entscheidung abgewartet werden. Vor allem aber muss jetzt der Gesetzgeber die überfällige Antwort darauf geben, wie ein europarechtskonformes Arbeitszeitgesetz aussieht, das für die digitale und örtlich nicht mehr bürogebundene Arbeitswelt moderne Antworten gibt und zugleich den Schutz vor Selbst- und Fremdausbeutung gewährleistet.
Was ist dann überhaupt neu?
Neu ist, dass das Gericht scheinbar – bislang liegt ja nur die Pressemitteilung vor – sogar eine Rechtspflicht, und zwar aus dem deutschen Arbeitsschutzrecht sieht. Es begründet sie mit unionskonformer Auslegung des § 3 ArbSchutzG. Das wiederum kann darauf hindeuten, dass es gar keine Ausweitung der bisher vom EuGH genannten Obliegenheiten meint, diese aber als vollwertige Rechtspflicht liest. Neu ist auch, dass die Entscheidung des LAG Hamm von 2021 falsch ist, nach der dem Betriebsrat ein Initiativrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zustehen soll.
Ist die Vertrauensarbeitszeit damit beendet?
Ob Vertrauensarbeitszeit durch die Entscheidung grundsätzlich beendet ist, muss sich erst noch zeigen. Wenn Arbeitnehmer Beginn, Ende und Pausen selbstbestimmen dürfen, wird das durch die Erfassung noch nicht zwangsläufig unmöglich. Hier wird man die Begründung des Gerichts abwarten müssen. Es ist zu erwarten, dass die Auseinandersetzungen darüber, ob in erfassten Zeiten wirklich gearbeitet wurde, welche Beschäftigungen erfasst werden dürfen und welche nicht, insgesamt wieder zunehmen werden. Die Diskussion etwa, ob betriebliche Gerechtigkeit erfordert, dass in Raucherpausen auch dann ausgestempelt werden muss, wenn man übers Geschäft spricht, sind aus der Zeit gefallen: Vertrauensarbeitszeit hat auch eine kulturelle Komponente, die bislang von vielen Mitarbeitenden geschätzt wird.
Braucht es künftig digitale Systeme zur Zeiterfassung?
Erfassungssysteme sind häufig digital, die Pressemitteilung sagt dazu aber nichts. § 3 ArbSchG ist sehr allgemein gehalten, was gegen eine konkrete Durchführungsform spricht. Dann wäre auch eine Erfassung mit Stift und Papier zulässig. Auch zum Zeitpunkt der Erfassung lässt die Pressemitteilung noch keine Rückschlüsse zu. Wenn allerdings digitale Möglichkeiten bereit gestellt werden sollen, wird Mitbestimmung zu beachten sein, da es zahlreiche Möglichkeiten der Ausgestaltung gibt und sich Fragestellungen zu Datenschutz und Überwachung ergeben, oder dazu, inwieweit die Erfassung auf die Arbeitnehmer*innen delegiert werden darf.