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Best Practice: Das Frauennetzwerk bei der Autobahn

Dazu gehört auch, dass sich Frauennetzwerke mittlerweile in vielen Unternehmen wiederfinden. Deren Rolle ist auf den ersten Blick recht klar – sie helfen dabei, dass sich Kolleginnen im Unternehmen oder der Branche untereinander vernetzen können. Aber es geht um mehr als nur Vernetzen – es zahlt auch auf die Unternehmenskultur ein.

Welche Funktion das Frauennetzwerk bei der Autobahn GmbH des Bundes einnimmt, haben wir mit Anne Rethmann ergründet. Neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin Finanzen ist sie Sponsorin des Frauennetzwerks der Autobahn GmbH.

 

BPM: Hallo Anne, was heißt es denn, Sponsorin des Frauennetzwerks zu sein?

Anne Rethmann: In erster Linie bin ich das Gesicht des Frauennetzwerks bei der Autobahn. Das bedeutet, dass ich dabei helfe, das Netzwerk im Unternehmen sichtbar zu machen. Außerdem trage ich dafür Sorge, dass die Kolleg*innen Raum und Rückhalt haben, um sich treffen zu können. Zu sagen, dass ein Treffen eines Frauennetzwerks zu den ganz normalen unternehmerischen Tätigkeiten gehört, ist noch nicht überall voll akzeptiert.

Lässt sich ein solches Netzwerk auch in kleineren Unternehmen umsetzen? Die Autobahn ist schließlich bundesweit aktiv.

Absolut! So ein Netzwerk lebt von den Personen, die es antreiben – und das sage ich den Kolleg*innen auch.

Wir haben es schon rausgehört: An wen richtet sich das Frauennetzwerk in der Autobahn?

An alle – Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Führungskräfte, genauso wie Kolleg*innen aus dem Betriebsdienst. Zu den Netzwerkveranstaltungen werden alle eingeladen. Entsprechend divers sind auch die Teilnehmer*innen, worüber ich mich sehr freue. Die Themen, zu denen wir uns austauschen, betreffen schließlich alle – beispielsweise ist das Thema Vereinbarkeit für junge Väter genauso relevant wie für Mütter.

Warum bist du im Frauennetzwerk aktiv?

Meinen Lichtblick für das Netzwerk hatte ich während der ersten Sitzung der Geschäftsführung mit den zukünftigen Niederlassungsdirektor*innen im März 2019. Ich war eine von zwei Frauen in der Runde. Da dachte ich mir ‚Wow, wir müssen was tun, wenn wir hier ein erfolgreiches, modernes Unternehmen gestalten wollen.‘

Meine Grundmotivation ist es, ein Unternehmen so zu gestalten, dass es für Frauen attraktiv ist dort zu arbeiten. Dass Frauen sich respektvoll behandelt und wohl fühlen. Dass sie gleiche Chancen für die Weiterentwicklung in Führungspositionen erhalten. Ich glaube an den Erfolg von diversen Teams und bin davon überzeugt, dass Unternehmen erfolgreicher sind, wenn sie divers aufgestellt ist. Das ist auch mit Studien belegt.

Mir macht es unheimlich Freude zu sehen, wie sich Kolleg*innen in das Unternehmen einbringen und so, neben den fachlich-beruflichen Themen, auch über sich selbst hinauswachsen. Für mich ist es zudem ein wirksames Mittel, um über die klassischen Hierarchien mit allen Kolleg*innen hinweg in den Austausch zu kommen. Diese Gespräche auf allen Ebenen, das bringt unserer Unternehmenskultur wahnsinnig viel. Es besteht oft selten die Chance, mit jemanden aus der Geschäftsführung zu sprechen. Die Nahbarkeit, die durch das Netzwerk unterstützt wird, finde ich wichtig.

Dass so etwas auf die Unternehmenskultur einzahlt, lässt sich nicht bestreiten. Unter Personaler*innen gibt es viele Diskussionen, wie sich Kultur vorleben lässt. Welche Rollen nehmen die HR-Expert*innen der Autobahn im Frauennetzwerk ein?

Für das Netzwerk sind sie wichtige Gesprächspartner*innen und Umsetzer*innen. Ich bin froh, dass wir eng zusammenarbeiten und gemeinsam Dinge vorantreiben. Zusammen mit unserer Abteilung Diversity und dem Geschäftsbereich Personalentwicklung reden wir regelmäßig über Programme, die wir speziell im Bereich Weiterentwicklung aufsetzen können. Aber nicht nur das: Auch beim Thema Frauen in Führung haben wir mit dem Netzwerk damals die ersten Ziele gesetzt, in dem wir sagten, dass wir mindestens 30 % der Führungspositionen in der Autobahn mit Frauen besetzen wollen. Das wurde mittlerweile auch in den formalen Zielen der GmbH verankert.

Und wie sieht es mit den Ansprüchen des Frauennetzwerks in der Autobahn aus?

Das Netzwerk ist zuallererst eine Plattform zum Austausch. Hier können sich Frauen treffen, um über ähnlich gelagerte Probleme zu reden und sich regional zu vernetzen. Es kommt aber nicht nur zum regionalen Austausch, sondern auch zum fachlichen Dialog. Das Netzwerk sorgt für die ‚Ach, ich kenn da jemanden in der Niederlassung‘-Momente, da sich hier Frauen begegnen, die sonst keinen Kontakt zueinander haben. Das schafft nicht nur Vertrauen untereinander, sondern sorgt auch für Sichtbarkeit bei anderen und fachlichen Austausch. Das ist heutzutage enorm wichtig, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels. Wir müssen vieles tun, um Kolleg*innen zu halten. Ich merke, dass positive Rückmeldungen und auch die Offenheit in diesen Gesprächen unheimlich motivierende Erlebnisse für meine Kolleg*innen sind. Netzwerktage, bei denen die Kolleg*innen über ihre Erfahrungen und Expertise reden, bieten die Chance, gehört zu werden und Raum zu Entfaltung.

Da kommt dann wieder der Respekt zum Vorschein, der darauf einzahlt, dass Mitarbeiter*innen bleiben.

Ich bin sehr froh, dass das Thema Nahbarkeit und Wertschätzung auch von meinen Kolleg*innen in den oberen Führungsebenen so gesehen wird – man trifft die Kolleg*innen in der Außenstelle, auf der Baustelle, in der Meisterei. Das ist uns allen sehr wichtig. Glaubwürdig zu sein ist schwierig, wenn man das nur von sich selbst sagt. Diese Nahbarkeit zu vermitteln, wirklich ansprechbar zu sein, das ist ein wichtiger Wert, den wir auch in der Autobahn leben.

Zu guter Letzt: Was sind die wiederkehrenden Themen des Frauennetzwerks?

Wir reden viel über das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie – und auch über unbewusste Vorurteile, den sogenannten unconscious bias. Also, wenn du als Projektleiterin auf einer Baustelle erscheinst und du hast einen Kollegen an der Seite – dann wird zuerst der Mann angesprochen. Es geht jeder davon aus, dass er der Projektleiter ist. Auch der Ton auf der Straße, bei den Bauprojekten als auch in den Autobahnmeistereien, ist schon noch rauer und die Kolleginnen müssen sich den ein oder anderen Spruch gefallen lassen. Aber: Das ändert sich langsam.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

Das Gespräch führte Sebastian Winslow.